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Von Vögeln und Ameisenbären – Vielversprechende Positionen der Comic-Kunst

Iris Haist

  

Auch, wenn mein Bericht über die Comic Con nicht völlig positiv ausgefallen ist, so ändert das nichts daran, dass ich ein großer Fan von Graphic Novels und ihren Artverwandten bin. In den Galerien und Museen behaupten sie immer häufiger ihren Platz – man nehme z.B. die gelungene Ausstellung Comics! Mangas! Graphic Novels! In der Bundeskunsthalle in Bonn (noch bis zum 10.09.2017) – und zwar zurecht. In den letzten Wochen sind mir dabei besonders zwei neue Positionen aufgefallen, die ich euch gerne vorstellen möchte:

 

Maggie McFearsome and the Giant Anteater

Ein wirklich lohnenswerter Newcomer ist der Web-Comic Maggie McFearsome and the Giant Anteater. In der selbsternannten Fantasto-romantic comedy geht es um Maggie, eine Zeichnerin, die nach der Trennung von ihrem Ex-Freund einen neuen Mitbewohner sucht und einen Ameisenbär bekommt. Ja, richtig gelesen! Dieses Tier namens Arnold hat menschenähnliche Züge und Charaktermerkmale und zieht bei Maggie ein. Sie werden erst Freunde und verlieben sich dann auch noch. Um die Handlung noch spannender zu machen, ist in der Vorschau immer von „speziellen Fähigkeiten“ Arnolds und von Komplikationen die Rede. Verraten wird noch nichts, man darf also gespannt sein!

artwork by Jacky, idea & text by Eggy

 

Die Geschichte spielt im San Francisco der 1990er Jahre, dementsprechend sind auch die Dialoge in englischer Sprache verfasst (auf ihrem Blog auf der Homepage des Karikatur Museums Krems nennt das Autorenteam zudem Spuren von Alt-Byzantinisch und Faunisch). Dadurch wird der Comic internationaler. Eine Ausstellungsbeteiligung an der Gruppenausstellung Summer Peace in der Galerie du Colombier in Paris gibt dem Konzept recht.

Hinter dem Projekt stehen zwei junge, talentierte Frauen, die sich auf einer Comic-Messe fanden und zusammentaten. Den Anfang machte ein 93 Seiten dickes Storyboard der Kunsthistorikerin mit dem Ruf- und Künstlernamen Eggy. Dafür fand sich nach längerem Suchen die ideale Zeichnerin, die sich mit viel Elan einbrachte: Jacky. Wenn ihr jetzt fragt: Haben die denn keine Nachnamen? Naja, ich werfe einfach mal „Madonna“ und „Cher“ in den Raum und schweige über das Weitere.

 

The Artist

Während Maggie und Arnold erst einmal ihr Debut als Webausgabe gefeiert haben und noch hoffen, dass ihre Geschichte auch als gedruckte Graphic Novel erscheinen wird, ist The Artist schon einen Schritt weiter. Die Bildergeschichte der akademisch ausgebildeten Künstlerin Anna Haifisch erzählt in ihren Arbeiten von Lust und Frust eines Künstlerlebens. Die Hauptfigur ist ein großer, dünner Vogelmensch mit einem Schnabel, der je nach Ausrichtung die Gemütsverfassung des Künstlers verbildlicht.

Charismatisch erzählt die Künstlerin von positiven Erfahrungen, peinlichen Begebenheiten und depressiven Phasen, die ebenso überzogen, wie auch in ihrer Tendenz authentisch zeigen, was ein Künstler unserer Zeit durchleben und durchleiden muss, um Erfolg zu haben – oder es zumindest zu versuchen. Wie viele Szenen aus ihrer Geschichte autobiografisch sind, verrät die Schöpferin nicht. Muss sie auch nicht: So oder so ist der Comic ergreifend.

 

 

Bei der Ausstellungseröffnung zur Präsentation The Artist im Museum Gunzenhauser in Chemnitz (noch bis zum 08.10.2017) durften die Gäste einer Lesung der Künstlerin aus ihrem Comic lauschen. Eine ungewöhnliche aber intensive Erfahrung – jedenfalls für mich. Ich musste an einigen Stellen laut lachen, an anderen, wo sie Kunstwerke der Europäischen und Asiatischen Kunstgeschichte rezipierte, beeindruckt nicken und an wieder anderen fast weinen. Anna Haifisch schafft es, den Leser bzw. den Besucher der Ausstellung zu fesseln und ihn auf eine Achterbahnfahrt voller Emotionen zu entführen. Für mich ein Highlight der Ausstellungssaison! Als mir die Künstlerin dann auch noch ein Autogramm und einen kleinen Sketsch in mein Exemplar der Druckausgabe zeichnete, habe ich mich gefreut wie ein kleines Kind.

 

Comics und wie sie ausgestellt werden…

Bei der eben erwähnten Ausstellungseröffnung sprach der zuständige Kurator Dr. Stephan Dahme davon, dass Comics nicht einfach in einer Reihe gehängt werden können, wie das bei Gemälden und Grafiken anderer Geres möglich ist. Es gehört demnach auch in der Präsentationsform eine ganze Menge Einfallsreichtum und Mut dazu. Die Ausstellung The Artist greift hier im Rahmen klassischer Ausstellungsmodelle auf verschiedene Hängetypen und farbige Hintergrundpappen zurück, was einen frischen und modernen Eindruck hervorruft.

Eggy und Jacky legten da bei ihrer Beteiligung an der Ausstellung ARTSchmidatal im Konzerthaus in Ziersdorf mit ihrer Arbeit Maggie und Arnold und die Space Time Now-Lotterie kuratorisch noch eine Schippe drauf: Aus Jackys Zeichnungen bastelten die beiden 13 Mobiles, die sie schließlich zu einem Schwebecomic vereinten. Eine Ausstellungserfahrung der ganz besonderen Art!

 

artwork by Jacky, idea & text by Eggy

 

Mein Tipp gegen Langeweile lautet diese Woche: Klickt euch mal durch die ersten Seiten von Maggie & Arnold und besucht die Ausstellung The Artist in Chemnitz! Es lohnt sich!

 

Mehr zum Thema Comic auf ArtTwo gibt's hier: https://www.arttwo.de/2018/04/08/wonder-woman-wie-alles-begann/

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